Artikel aus „Der Judoka“

Auf dieser Seite bieten wir Ihnen interessante Artikel zu Tokio Hirano aus den historischen Exemplaren des Nachrichten- und Mitteilungsblattes für Judosportler „Der Judoka“ des Nordrhein-Westfälischen Judoverbandes aus dem Jahr 1953 zum Lesen an.

Die Kopie der Originalausgabe von „Der Judoka“ Nr. 1 mit ausgewälten Artikeln können Sie hier als PDF herunterladen: Der Judoka – Heft 1, Januar 1953
 
Im Anfang war das Judo …. JU—DO.
 
Tokio Hirano besiegt 4 Mann gleichzeitig
Städtekampf München-Frankfurt 6:4

Im Circus Krone in München, vor 1500 Zuschauern, stellte sich „Hirano“ gleich 4 Mann auf einmal zum Kampf. Alle wurden in nur ganz wenigen Sekunden zu Boden befördert.

Auch in München mussten sich 20 Besten der Überlegenheit Hiranos beugen. Als Einsteiger und letzter Mann konnte Walter Reiter (München) dem Meister Hirano, der schon stark verschwitzt war, bis kurz vor Ablauf der drei Minuten widerstehen, um dann in einem Würgegriff abzuklopfen.

Im Städtekampf schlug München eine Frankfurter Auswahl mit 6 zu 4 Punkten. Die Ergebnisse (München zuerst genannt):

Heiser gegen Gretsch 0:1 P., Huber gegen Becker 1:0 P., Eichner gegen Neufeld 0:1 P., Unterburger gegen Köhler 0,5:0 P., Reiter gegen Friese 0,5:0 p.


Tokio Hirano in Aachen

Durch die Unterstützung des Judokas Dr. Schutte (Holland) war es uns gelungen, den großen Japanischen Judo-Experten „Chi-Han Tokio Hirano“ nach Aachen zu bekommen. Mit Absicht habe ich keine Veranstaltung aufgezogen, weil ich ihn ganz für uns haben wollte. Täglich abends haben wir mit ihm trainiert, wozu sich rund 70 Judokas eingefunden hatten. Darüber hinaus eine viel größere Anzahl Neugieriger, die irgendwie und -wo erfahren hatten, dass ein starker Mann in der Talbothalle sein Können zeigte.

Wir Aachener haben im Judo schon allerhand gesehen und erfahren. Aber was Hirano uns eine Woche lang verabreichte, war mit Geld und guten Worten nicht zu bezahlen. Wir sahen in diesem bescheidenen Japaner nicht nur einen hervorragenden Sportler, sondern auch einen außerordentlich tüchtigen Lehrer. Mit einer anständigen Portion Humor, verbunden mit einem großen Können und Fachwissen, haben wir Ihn und Er – uns ins Herz geschlossen. Weiterhin lernten wir Ihn als einen hervorragenden Kameraden kennen. Nach dem Training haben wir gemeinsam noch manche gemütliche Stunde verbracht, wobei Meister Hirano uns Lieder aus seiner fernen Heimat vorsang. Alles in Allem, eine Woche voll großer Erlebnisse, an die wir noch lange zurückdenken werden.

Zum Abschluss wurden nach sorgfältiger Prüfung durch Meister Hirano ausgezeichnet:

Klaus Minstermann, 2. Dan, Hans Prüm, 1. Dan, D. Spinnrath, P. Offermann, Hans Müller und A. Servais 1. Kyū, Ferner 4., 5. und 6. Kyū.


Judo-Weltmeister wird Kölner!
Tokio Hirano kommt als Trainer in die Domstadt!

Köln, 17. Dez. (Stadt-Anzeiger). Der zweifache Judo-Weltmeister Tokio Hirano, der seit Monaten im In- Ausland die europäischen Spitzenkönner in überlegener Weise in wenigen Minuten gleich reihenweise besiegte und in vielen Lehrgängen den Schülern sein großes Wissen und Können vermittelte, hat nunmehr seine Europatournee unterbrochen und Köln als seinen vorläufigen Wohnsitz gewählt. Es war dem 1. Vorsitzenden, H. Frantzen, und dem Landessportwart Gerhard Hülser, vom Nordrh.-Westf. Judo-Ring in gemeinsam Bemühungen gelungen, den Weltmeister als Lehrer für die Sporthochschule Köln zu gewinnen. Tokio Hirano, der verlockende Angebote aus Paris und Berlin ausschlug, hatte bei seinem letzen Kölner Besuch geäußert, dass es sich im Rheinland, vornehmlich bei den Kölnern, besonders wohlfühle. Er liebe die Aufgeschlossenheit, das fröhliche Lachen und die große Begeisterung der Kölner für seinen Sport. Hirano verpflichtet sich, neben seiner Tätigkeit an der Sporthochschule Köln vor allem, und vorerst ausschließlich für die 23 Judo-Vereine vom Nordrh.-Westfälischen Judo-Ring wirken zu wollen.


Tokio Hirano besiegt die 20 besten Judokas in Köln
Ken-Am-Ju, Turniersieger

Om Okt. des Jahres weilte Tokio Hirano 14 Tage als Gast des J.C. Achilles in Köln. Entgegen der Art seiner anderen Landsleute, die ein oder zwei Besten eines Lehrganges graduieren, graduierte er alles, was seiner Meinung nach einen Grad verdient hatte. So kamen viele fast schon Vergessene, zu ihrer längst verdienten Auszeichnung.

Es wurden graduiert: Heinz Schill & Gerd Hülser (bd. E.S.V. Olympia) mit dem 2. Dan. Mit 19 Jahren ist Heinz Schill wohl damit Europas jüngster 2. Dan. Edm. Horn (E.S.V.) Christ (J.C. Achilles) Karl Gau (J.C. Nippon) Erich Krumbach & Peter Heller (bd. Kölner J.G.) mit dem 1. Dan. M.Bungarts (E.S.V.) mit dem 1. Kyū. H. Müller St. (J.C. Nippon) & Peter Lüpchen (E.S.V.) mit dem 2. Kyū.

Als Abschluss des Lehrganges fand im Agnessaal in Köln ein Clubkampfturnier statt. Die hohen Gäste, „Hirano“ und der „Ken-Am-Ju“ (Holland) mit Dr. Schutte, hatten viele Zuschauer angelockt, dass sich das Sälchen, 500 Personen fassend, als zu klein erwies. Wie oft im vollen Hause war die Stimmung gut. Die Naga-No-Kata, gezeigt von Annie Schricker und Dr. Schutte, waren klassig. Vollendet waren die Vorführungen von Tokio Hirano selbst. Mit seinem Partner van Elt (Holland) zeigte er die „Hirano-Kata“.

Die Selbstverteidigung Hiranos, war neben ihrer Sicherheit und Unfehlbarkeit, mit einer Portion Humor gewürzt, die das Publikum oft lachend anerkennen musste. Dank Opa Schutte und Tokio Hirano war dies eine schöne Werbung für den Kölner Judo-Sport.

An dem Turnier waren beteiligt: „Ken-Am-Ju“ (Haarlem, Holland), „J.C. Achilles“, „E.S.V. Olympia“ und „J.C. Nippon“. Ken-Am-Ju schlägt E.S.V. Olympia 4,5:0,5. J.C. Nippon schlägt J.C. Achilles 3:2. Im Endkampf schlägt Ken-Am-Ju den J.C. Nippon 3,5:1,5. Den einzigsten Sieg gegen Holländer gelang H.Müller St., 2. Kyū (Nippon) über Sonnemans 1. Dan.

Höhepunkt des Abends war der Kampf Hiranos gegen 20 Judokas. Er besiegte allen spielend in 20 Minuten. Um die Schwere seiner Aufgabe klar zu stellen, muss ein Teil seiner Gegner genannt werden: u. A. Dr. Schutte, 4. Dan, Marius Schutte, Heinz Schill und Gerd Hülser, 2. Dan, van Elk, Sonnemans, Krumbach, Bader, Auer, Horn, Löw und Gau, 1. Dan.


Die Kopie der Originalausgabe von „Der Judoka“ Nr. 1 mit ausgewälten Artikeln können Sie hier als PDF herunterladen: Der Judoka – Heft 1, Januar 1953

 
 


Die Kopie der Originalausgabe von „Der Judoka“ Nr. 2 mit ausgewälten Artikeln können Sie hier als PDF herunterladen: Der Judoka – Heft 2, Januar 1953

 
Im Anfang war das Judo …. JU—DO.
 
Und es gab ein einziges Judo, nicht wie heute ein nationales und ein internationales Judo. Der Krieg kam, mit vielen anderen Übeln brachte dieser die Anschließung der Grenzen und damit die Absonderung von Judo in Deutschland. Vor 1935 war Deutschland eines der wichtigsten Judoländer Europas. Die Frankfurter Sommerschule war international bekannt. Nach 1939 war man in Deutschland auf Erinnerungen angewiesen. Viele überlebten den Krieg nicht, und nachdem 1948 Judo wieder erlaubt war, gab es nur wenige, die sich auserwählt genug vorkamen, um die Führung zu übernehmen. Man studierte eifrig weiter, aber aus diesem Studium wurde ein Deutsches Judo. Bei der ersten Begegnung mit dem Ausland standen die Deutschen vor der Aufgabe, entweder den gewohnten Pfad allein weiter zu gehen, oder aber sich international anzupassen. Dazu gehört 1. Selbstkritik und 2. das Hinnehmen von Enttäuschungen.

Da der Haarlemer Judo-Club „KEN-AM-JU“ nicht nur die I. Begegnung mit dem Deutschen Judo in Hamburg, sondern überhaupt der I. SportClub war, der mit Deutschland Beziehungen anknüpfte, und da es ein Mitglied des „KEN-AM-JU“ war, Huub Gecks, der die Beziehung mit Köln schaffte, glaube ich, dass wir in dieser Sache mitreden dürfen. Wir fanden bei unseren Begegnungen ziemlich komische Verzerrungen vor. Der Gruß hatte sich germanisiert, der Kampf spielte sich in Runden ab mit Gongschlägen, Helfer und Handtuch. Die Kampfregeln verboten einige im Kata erlaubte Griffe und überall verbotene ließ man zu. Als sich die Auslandsbesuche und Lehrgänge dann mehrten, sprach man auch von internationalen und Deutschen Regeln. Glücklicherweise gab es viele junge Leute, die Anschluss mit dem Ausland suchten und es ist eine große Freude, dass der I. große Versuch zur Änderung in Köln gelang. Die Kölner Clubs „Achilles“, „Nippon“ und „Olympia“ nahmen auf dem Wege der intern. Judo-Fellowship mit dem „Ken-Am-Ju“ regelmäßigen Kontakt auf.

1952 kam dann eine große Überraschung: Ein junger Japaner, SHI-HAN, 6. DAN, Japanischer Meister von großem Format, kam nach Europa, und hat sich entschlossen, den Amateuren der intern. Judo-Fellowship zu helfen. Nun ist sein Name in Deutschland schon mehr als ein Begriff, viele haben an Leib und Seele erfahren wie Tokio Hirano ist. Auch hier war Köln die I. Stadt, die ihn empfing. Dazu kamen Kiel, Stuttgart, München, Aachen, Berlin, Hannover und Essen. Wenn Tokio Hirano Deutsch schreiben könnte, so hätte er viel zu schreiben; da er es nicht kann, werde ich es tun, ich glaube, ihn zu verstehen.

Er fand in Deutschland viele Judo-Clubs mit durchweg gutem Material. Es wurde gewissenhaft geübt, es gab eine lehrgierige Jugend, aber leider zu viele Eigensinnige, die so verbissen in ihr Deutsches Judo waren, dass sie sich nicht mehr umstellen konnten. Umso schlimmer für sie, denn es gibt eine Jugend, die aktiv auf der Matte kämpft, die lernen will, die Augen hat, um zu sehen, wie Tokio Hirano Judo spielt, ohne brutale Kraft und doch Sieger über die stärksten Gegner wird. Diese Jugend wird überall in Deutschland rührig, sie revoltiert gegen die Maßnahmen, die. sie als ungerecht empfindet, sie will keine Judo-Politik treiben und theoretisieren über erlaubt und unerlaubt, sie will arbeiten. Das hat schon zu Konflikten geführt wie auf der Deutschen. Meisterschaft in Stuttgart, oder im Kampf gegen die Diktatur der Schwerathletik, wie in Nordrhein-Westfalen.

Wenn wir von der Gefahr der Professional Schulen absehen, die ja in Deutschland viel unwichtiger ist als z.B. in Holland und Belgien, dann muss sich die Deutsche Judo-Jugend bewusst werden, dass sie nicht hilflos dasteht, sondern dass sie eine große innerliche Kraft besitzt. Es wird doch einmal zu einer Deutschen Judo Union kommen, die sich von den bleiernen Lasten der Schwerathleten Verbandes lösen wird. Die viel größere Gefahr droht, dass die, die sich nicht von ihrem Deutschen Judo trennen können, in Geiste der Schwerathletik weiterarbeiten werden. Die Deutsche Judo-Jugend muss sich ihrer eigenen Kraft bewusst werden, sie muss wissen, dass sie schon jetzt ein Deutsches DAN-KOLLEG aufstellen kann, dass sie nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch arbeiten kann, das sie in Hirano ihren Führer finden kann, dann brauchte sie sich keine Sorgen mehr zu machen.

Die Mitteilung des intern. Föderation im Kokodan Bulletin vom Nov. 52 auf Seite 175 spricht für sich: Folgende Clubs und Gesellschaften sind bis auf nähere Nachrichten („Orders“) vom Judosport ausgeschlossen („forbidden to practise Sport“). Die betr. Clubs sind auf der vorletzten Seite dieser Ausgabe aufgezeichnet.

Beachten Sie bitte den Ausschuss („meeting ban“), der diesen Clubs auferlegt ist.

Das Gleiche droht auch den Vereinen in Stuttgart und Kiel, und wenn wir wissen, wie man sich auf dem Kongress in Zürich über Tokio Hirano geäußert hat, dann wird es hierbei nicht bleiben. Für die ausgeschlossenen vereine ist das keine allzu große Tragik, es gibt genug Möglichkeiten, nationale und internationale Kämpfe zu machen und 1953 wird Tokio Hirano nur diese Vereine weitertrainieren!

Dies ist ein Wahrzeichen, man sollte es nicht unbeachtet lassen. Schließlich ist Judo ein junger Sport und diese Maßnahmen schaden nicht den Vereinen, sondern dem Judosport. Und weil wir uns ganz für den Judo-Sport einsetzen wollen, so müssen wir auch wissen, was wir zu tun und zu tun lassen haben.

„TUN WIR DANN WAS WIR NICHT LASSEN WOLLEN, ABER LASSEN WIR WAS WIR NICHT TUN KÖNNEN!“

Jetzt gibt es die Möglichkeiten genug: Wir haben den Lehrer, den wir brauchen, wir haben die Clubs, wo es lehren kann, wir haben den internationalen Rahmen, der uns verbindet, … ich möchte nur wissen, wer im Stande sein wird, uns daran zu hindern, unseren EIGENEN WEG zu gehen?

G.F.M. Schutte, 4.Dan


30 Punkte in 11 Minuten und 23 Sekunden!
P.S.V. Essen unterliegt dem I. Essener J.C. 4:5

In der überfüllten Jugendhalle in Essen-Katernberg, vor 600 Zuschauern, veranstaltete der P.S.V. Essen eine Judo-Demonstration, die durch die Mitwirkung Tokio Hiranos eine einzige Werbung für unseren Judo-Sport wurde. Bei seinem Kampf gegen 30 Essener Judokas bewies Hirano, dass man auch körperlich überlegene Gegner ohne sonderlichen Kraftaufwand durch reine Technik besiegen kann. Er zeigte das spielend und scherzend, so dass das Publikum sich vor Lachen bog, wenn die Besiegten sich erst wieder zurecht finden mussten, da sie oft nicht wussten, auf welchem Ende der Matte sie sich befanden. Trotz einer durchwachten Nacht, die er für seine Reise nach Essen benötigte, beförderte er 30 Judokas in der unglaublich kurzen Zeit von 11 Minuten und 23 Sekunden zu Boden. Zuvor zeigte es seine „Hirano-Katas“ und Selbstverteidigung, die immer wieder eine Augenweide für alle Zusehenden sind.

Die Fallschule zeigte Fritz Lehnhard, Nage-No-Kata Frau Brief (1. Kyū) mit Partner F. Lehnhard. Einführung in den Judo-Sport sowie die Erklärungen zu den Vorführungen machte Otto Brief am Mikrofon. Nicht zu vergessen die Jugend des P.S.V. Essen, die mit einem Serienkampf und Vorführungen von Randori ein gutes Teil zum Gelingen der Veranstaltung beitrug.

Der Freundschaftskampf P.S.V. Essen gegen I. Essener J.C. endete mit eine unerwarteten Niederlage des Kreismannschaftsmeisters P.S.V., die, obwohl sie durch Karl Gau (Nippon Köln) verstärkt war, nur 4 Siege zu verzeichnen hatte, dagegen 5 Niederlagen einsteckten mussten. Der Sieg des I. Essener J.C. war durchaus verdient.


Die Kopie der Originalausgabe von „Der Judoka“ Nr. 2 mit ausgewälten Artikeln können Sie hier als PDF herunterladen: Der Judoka – Heft 2, Januar 1953